Tipps für die Ausbildung von Azubis mit Behinderung

Sie sind Ausbildungsbetrieb und haben für Ihre offene Azubi-Stelle die Bewerbung eines Menschen mit (Schwer-) Behinderung vor sich liegen? Sie möchten die Person gerne einstellen, aber sind sich unsicher, ob und wie sie das meistern können? Was Sie rund um die Ausbildung von Menschen mit Behinderung beachten sollten und wo Sie Beratung und Unterstützung finden, das lesen Sie hier.

Alle Arbeitgeber, die im Jahresdurchschnitt monatlich mindestens 20 Arbeitsplätze bereitstellen, müssen auf mindestens fünf Prozent dieser Arbeitsplätze (schwer-)behinderte Menschen beschäftigen Wird diese sogenannte Pflichtquote nicht erfüllt, hat der Arbeitgeber im Gegenzug eine Ausgleichsabgabe zu zahlen.

Aber nicht nur die Pflichtquote sollte Sie davon überzeugen, Jugendlichen mit Behinderung die Möglichkeit einer Ausbildung in Ihrem Betrieb zu eröffnen. Auch das Bund-Länder-Programm „Initiative Inklusion“ bietet Betrieben Anreize: Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber können Sie bis zu 10.000 Euro Förderung für jeden neu geschaffenen Ausbildungsplatz für Menschen mit Behinderung oder Schwerbehinderung erhalten.

Hier finden Sie detaillierte Informationen zur Initiative Inklusion 

Entscheidung gefallen? Dann gibt es im Folgenden mehr Informationen dazu, wo Sie in den einzelnen Ausbildungsphasen Beratung und Unterstützung finden.

Ausbildung für Menschen mit Behinderung: Stellenausschreibung

Der Weg beginnt mit einer Stellenausschreibung, mit der Sie öffentlich machen, dass Sie Auszubildende mit Behinderung in Ihrem Ausbildungsbetrieb einstellen. Folgende wichtige Punkte können Sie schon bei der Stellenausschreibung beachten:

Um Ihre Offenheit zu betonen, haben Sie mehrere Möglichkeiten. Üblicherweise findet man in der Stellenausschreibung einen Zusatz wie: „Bewerberinnen und Bewerber mit Schwerbehinderung werden bei gleicher Eignung besonders berücksichtigt.“ Dieser Passus ist jedoch eher unpersönlich. Zudem zeigt er dem oder der potenziellen Auszubildenden nicht, was genau Sie ihm oder ihr bieten können – bzw. in welchen Bereichen Sie die gleichberechtigte Teilhabe Jugendlicher mit Behinderung in Ihrem Betrieb bereits umsetzen und leben. Seien Sie hier so transparent wie möglich, um Ihre Angebote im Betrieb anschaulich zu machen. Beschreiben Sie, in einem Absatz, wie Sie in Ihrem Betrieb die Rahmenbedingungen  für eine Ausbildung für Menschen mit Behinderung schaffen, z. B. durch den  Umbau aller Arbeitsplätze in barrierefreie Bereiche oder durch spezielle Hilfsmittel. So machen Sie den Ausbildungsplatz für eine Bewerberin oder einen Bewerber gleich viel besser vorstellbar. Und: Schreiben Sie auch, warum Ihnen persönlich Inklusion wichtig ist und sie Ihren Betrieb bereichert! 

Bei der Formulierung können Ihnen folgende Hinweise helfen:

  • Achten Sie auf die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (kurz: AGG). Bauen Sie Hinweise in den Text mit ein, dass Bewerbungen von Auszubildenden mit Behinderung ausdrücklich erwünscht sind.
  • Nennen Sie gegebenenfalls das Angebot, die Ausbildung auch in Teilzeit durchlaufen zu können. 
  • Beschreiben Sie, was der Bewerberin oder dem Bewerber mit Behinderung im Unternehmen geboten wird. Untermauern Sie dies mit konkreten Beispielen.
  • Formulieren Sie Anforderungen als Kompetenzen und nicht als Qualifikationen. Zum Beispiel: „Sie sollten Spaß am Umgang mit Zahlen haben.“  NICHT: „Sie sollten mindestens die Note „gut“ in einem naturwissenschaftlichen Fach vorweisen können.“
  • Erwähnen Sie die Zusammenarbeit mit den Schwerbehindertenvertretungen. 
  • Vermeiden Sie Fachsprache und englische Begriffe. Verwenden Sie gegebenenfalls Übersetzungen bzw. Erklärungen.

Achten Sie bei der äußeren Form auf  folgende Punkte

Für das Schalten von Stellenanzeigen für Menschen mit Behinderung eignen sich neben Stellenbörsen, auf denen Bewerberinnen und Bewerber mit Behinderung oder Schwerbehinderung gezielt  nach einem Ausbildungsplatz suchen, auch die Jobbörse der Agentur für Arbeit.
 

Azubi-Auswahl und Vertragliches

In der Regel finden vor der Vertragsunterzeichnung Vorstellungsgespräche, Probearbeiten oder Assessment Center statt. Falls Sie Unterstützung bei der Stellenbesetzung mit Bewerberinnen und Bewerbern mit Behinderung brauchen, erhalten Sie diese durch die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Agentur für Arbeit.

Sie haben die passende Bewerberin oder den passenden Bewerber für Ihre Ausbildungsstelle bereits gefunden? Dann gilt es vor der Vertragsunterzeichnung mehrere Dinge bei der Formulierung des Vertrags zu beachten:
 

Azubis mit Schwerbehinderung haben einen besonderen Kündigungsschutz, d. h. bevor eine Kündigung zum Tragen kommt, benötigt der Arbeitgeber eine vorherige Zustimmung des zuständigen Inklusionsamtes.

In der Regel sind Überstunden für sämtliche Azubis während der Ausbildung nicht vorgesehen.

Azubis mit Schwerbehinderung haben neben dem normalen Urlaubsanspruch noch das Recht auf einen Zusatzurlaub. Dieser umfasst fünf Arbeitstage im Urlaubsjahr, ausgehend von fünf Arbeitstagen pro Kalenderwoche. Je nach Kürzung der Arbeitszeit verringern sich auch die Zusatzurlaubstage.

Vor der Ausbildung für Menschen mit Behinderung

Beratung zu Förderleistungen und sonstiger Unterstützung bekommen Sie vom jeweiligen für Ihre Region zuständigen Inklusionsamt.

Wenn Sie sich erstmals entscheiden, einen Jugendlichen mit Schwerbehinderung oder Behinderung bei sich auszubilden, ist es nicht selbstverständlich, dass der Arbeitsplatz oder auch die Ausbildungswerkstatt behindertengerecht ausgebaut ist. Ein Umbau nach den jeweiligen Bedürfnissen sollte zeitlich vor dem Beginn der Ausbildung geschehen. Dafür stellt das Inklusionsamt die Möglichkeit einer Ortsbegehung und einer damit verbundenen Arbeitsplatzbesichtigung durch den sogenannten technischen Beratungsdienst des Inklusionsamtes bereit. Die Fachleute des technischen Beratungsdienstes informieren und beraten Sie dann darüber, welche Ausstattung für welche Behinderung benötigt wird. Ein Mensch mit Sehbehinderung braucht beispielsweise andere Hilfsmittel bzw. Arbeitshilfen als eine Person mit einer Hörbehinderung. Je nach Art der Behinderung sind daher unterschiedliche Hilfsmittel oder Vorkehrungen sinnvoll.

Video-Tipp: Beispiele für behindertengerechte und barrierearme Arbeitsplatzumrüstung durch das Inklusionsamt

Mehr Infos erhalten Sie auch auf der Webseite des Zentrums Bayern Familie Soziales (ZBFS).

Während der Ausbildung von Menschen mit Behinderung

Die Ausbildungszeit ist gut angelaufen und damit die erste Hürde geschafft. Das Inklusionsamt kann Sie auch während der Ausbildung finanziell mit bis zu 2.000 Euro pro Ausbildungsjahr unterstützen. Diese finanzielle Unterstützung soll Aufwendungen wie z. B. spezielle Berufskleidung, Lernmaterialien oder Gebühren bei den Kammern decken. Möchten Sie diese Leistungen in Anspruch nehmen, wenden Sie sich an das zuständige Inklusionsamt Ihrer Region.

Nach der Ausbildung von Menschen mit Behinderung

Die Ausbildungszeit ist um, die Abschlussprüfung ist bestanden und Sie entscheiden sich, Ihre erfolgreich ausgebildete Fachkraft mit Behinderung zu übernehmen. Denn Sie haben gesehen, dass die Person genau in Ihr Unternehmen passt und eine Weiterbeschäftigung für beide Seiten einen Gewinn darstellt. Jetzt ist es Ihre Aufgabe, den Arbeitsplatz langfristig zu sichern.

Sollten Sie weiterhin einen Betreuungsaufwand haben, wird Sie das Inklusionsamt auch weiter unterstützen. Stehen z. B. außergewöhnliche Aufwendungen bei der Beschäftigung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters mit Behinderung an, werden diese finanziell vom Inklusionsamt ausgeglichen. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie von Ihrem ZBFS-Inklusionsamt.

Mit der Ausbildung eines Menschen mit Behinderung leisten Unternehmen einen großen Beitrag zur Inklusion und gewinnen zusätzlich motivierte, loyale und langjährige Mitarbeitende. 
 

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